Wednesday, August 31, 2011

Philly nach 365

The 4416 Family!





Zugegeben, 365 Tage sind noch nicht ganz vorbei (erst am 05. September), aber vom Prinzip her ist mit der Abreise von Chris und Sarah zumindest gefuehlsmaessig auch mein Jahr zuende gegangen.

Was hat sich in diesem Jahr also veraendert? Was hat es gebracht? Hat es sich gelohnt?

Solche und aehnlich Fragen stelle ich mir natuerlich nach den letzten 12 Monaten und ich werde die Antworten mit Euch teilen.

Veraendert hat sich alles, und zwar grundlegend. Neben dem Offensichtlichen wie Wohnort und Job, bin ich - wenn ich ehrlich bin - mittlerweile recht amerikanisiert. Ich benutze die Klimaanlage im Auto und daheim exzessiv, lasse den Motor laufen, wenn ich irgendwo warte und habe mich sogar geschmacklich an Root Beer (aber nur das teure) gewoehnt. Es ist mir nicht peinlich im Pyjama in den Laden an der Ecke zu gehen oder fuer jeden kurzen Weg ins Auto zu steigen. Das sind die negativen Veraenderungen.
Positiv ist, dass ich toleranter und offener geworden bin. Auf Fremde zuzugegehen und ein Schwaetzchen zu halten faellt mir leicht und ich empfinde es sogar als angenehm. Ich nehme jeden so wie er ist und beurteile weniger nach Outfit oder Haarschnitt (OK, ein wenig laestern tue ich natuerlich auch jetzt noch, aber es macht auch einfach mal Spass). Die Faehigkeit, jeden Tag zu geniessen, dankbar zu sein und ganz bewusst Dinge zu unternehmen, um das Leben allgemein interessanter und lebenswerter zu machen, hoffe ich mir langfristig zu erhalten.
Am Anfang des Jahres habe ich eine ellenlange To-Do-Liste gemacht. Neulich habe ich durch Zufall eben genau diese Liste gefunden und siehe da, bis auf Karaoke und Schiessen gehen habe, habe ich alles gemacht, was ich mir vorgenommen hatte. Die letzten beiden Dinge werde ich demnaechst in Angriff nehmen, sobald die Hochzeit vorbei ist und ich wieder mehr Zeit (und Geld) habe.

Gebracht hat mir das vergangene Jahr persoenliche Staerke, neue Freundschaften, neues Wissen, ein breiteres Verstaendnis, viele aha-Momente (insbesondere ueber das Sozialsystem hier in den USA - oder Pennsylvania, weiss nicht genau was davon vom Bundesstaat abhaengt und was fuer alle Amerikaner gleich ist), tolle Erinnerungen, die mir niemand nehmen kann, und das Gefuehl zu Hause zu sein auch wenn mein eigentliches zu Hause tausende von Kilometern entfernt ist. Wenn man Berlin's und Philly's Vorteile in einer Fantasie-Stadt zusammenpacken koennte, dann waere das der idealste Ort der Welt - fuer mich zumindest.

Hat es sich gelohnt? Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel. Ich wuerde den Schritt immer wieder wagen und kann es nur jedem, der mal aus der gewohnten Umgebung ausbrechen will, empfehlen. Mach es! Vergleichbares persoenliches Wachstum kann man nur schwer in der vertrauten Umgebung erreichen - bin ich der Meinung. Man muss ja nicht gleich in ein anderes Land oder auf einen anderen Kontinent gehen, aber einfach mal in einer Stadt zu leben, in der man nicht geboren und aufgewachsen ist und wo man alles von Neuem erforschen muss, ist spannend und bereichert das Leben ungemein.

Ich hatte das Glueck, von Anfang an mit lieben Menschen umgeben gewesen zu sein. Ohne sie waere es nicht so leicht gewesen, sich hier einzuleben und das absolut Beste aus dem Jahr rauszuholen. Wie gesagt: das war Glueck. Aber ohne ein wenig Glueck geht es im Leben nicht.

Von zwei dieser Menschen habe ich ganz besonders viel ueber mich und ueber das Leben gelernt: Chris und Sarah.
Dank Chris weiss ich, dass es schoen ist, juengere Geschwister zu haben mit denen man einerseits rumbloedeln und Spass haben kann. Fuer die man sich andererseits aber auch verantwortlich fuehlt und denen man beistehen will, damit ein Problem nicht mehr ganz so schlimm ist. Dinge anzusprechen, bevor sie einen richtig nerven, hat er mir ebenso beigebracht wie die Tatsache, dass eine volle Bude Spass machen kann.
Sarah hat mich daran erinnert, dass es sich lohnt fuer das zu kaempfen und einzustehen, woran man glaubt. Der Alltag kann einen manchmal gleichgueltig gegenueber Ungerechtigkeiten und Problemen im System machen. Wenn man dann aber jemanden wie Sarah kennt, der mit Eifer und Leidenschaft in bestimmten Bereichen involviert ist, wird man unweigerlich angesteckt. Die Ruhe und Gelassenheit, die sie hat auch wenn bestimmte Dinge ihr gehoerig auf den Nerv gehen, muss ich mir noch aneignen, aber dank ihr habe ich ein Vorbild.

Im Ergebnis zaehlt nur eins: ich bin dankbar fuer und gluecklich ueber dieses wundervolle Jahr. Egal was die Zukunft bringt, die letzten 12 Monate kann mir niemand nehmen. Die Veraenderungen, die jetzt vor der Tuer stehen, werden wieder Neues bringen, aber ich habe gelernt, vor Veraenderung keine Angst mehr zu haben, sondern sie zu schaetzen. Somit bin ich gespannt auf den neuen Volunteer aus Deutschland, die neue Mitbewohnerin und darauf wie sich der Job weiterhin entwickelt.

Der Blick aus meinem Fenster: Chris' Schuhe, die er zum Abschied in amerikanischer Manier hiergelassen hat.





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